3190 Orthografikus

4 © Finken-Verlag · www.finken.de Der Handlungskreis der Rechtschreibförderung A.1 Die Förderdiagnose Grundsätzliche Überlegungen Keine Therapie ohne Diagnose: In einem professionell begleiteten Rechtschreiblern­ prozess müssen die Lehrer/innen über die Lernfortschritte der Kinder genau Bescheid wissen. Dazu sind Lernstandserhebungen notwendig. Sie können punktuell in Form von informellen Tests oder standardisierten Rechtschreib­ diagnosen durchgeführt werden. Wichtiger sind aber ständige prozessbegleitende Beobachtungen . Hierbei darf nicht die Leistungskontrolle im Vordergrund stehen. Das reine Fehlerzählen, wie es in einer falsch verstandenen Diktatpraxis üblich war, zeigt keine Perspektiven für die Ausrichtung des weiteren Lernprozesses auf. Die Schreibentwicklungsforschung hat den Fehlerbegriff in der Grundschule revolutioniert: Fehlschreibungen gelten als selbstverständliche Schritte im Schriftspracherwerbsprozess. Bei jeder kindlichen Fehlschreibung laufen eine Menge intelligenter Denkprozesse ab. Es lohnt sich, sie nachzuvollziehen, denn aus diesen Fehlern können Lehrer/innen als professionelle Diagnostiker eine Menge über kindliche Verschriftungsstrategien lernen. Wenn wir über die begrenzte Sichtweise der Fehlerzählerei hinausschauen wollen, müssen wir uns deshalb bei der Fehlerbeurteilung folgende Fragen stellen: • Welche Wörter bzw. Wortteile kann das Kind schon richtig verschriften und welchen individuellen Lernentwicklungsstand zeigt es damit an? • Worin bestehen die Fehlschreibungen und warum hat das Kind das Wort so und nicht anders geschrieben? Welchen eigenen – impliziten – Regeln ist es dabei gefolgt? • Welche Lernschritte sind als Nächstes nötig, damit das Kind falsch geschriebene Wörter in Zukunft orthografisch richtig schreiben kann? Nur eine solche qualitative Interpretation der Ergebnisse von Lernstandserhebungen dient dem Ziel, die bisherigen Lernfortschritte angemessen zu würdigen und die weitere Rechtschreibförderung sinnvoll zu planen.

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