3161 Texte schreiben mit kooperativen Methoden. Band 1: Fortsetzungs-, Reizwort- und Fantasiegeschichten
© Finken-Verlag · www.finken.de Texte schreiben kooperativ · Bd. 1 IV Kooperatives Lernen (Hintergrund) Prozessorientierung bedeutet im Hinblick auf diesen Ordner auch, dass der Fokus nicht nur auf dem Lernprodukt, nämlich dem geschriebenen Text, liegt. Der gesamte Lernprozess von der Entdeckung der Kriterien bis zu den Schreibprodukten und der gegenseitigen Bewertung kann vom Lehrer in den Blick genommen und evaluiert werden. 3. Heterogene Zusammensetzung als Chance Auf den ersten Blick scheint ein individuelles Vorgehen im Bereich Texte verfassen am geeig- nesten. Die Schüler arbeiten nach ihrem eigenen Vorwissen, sprachlichen Stand und Tempo. Dabei den Überblick über die ganze Klasse zu behalten und das passende Material für den Lernzuwachs jedes einzelnen Schülers zu finden, ist nicht einfach. Die große Anzahl der zu korrigierenden Texte und das Nachfassen nach einem Schreibversuch bedeuten einen hohen Lehrereinsatz. Häufig sind die schwächeren Kinder mit der Überarbeitung über- und die stärkeren eher unterfordert. Eine frontal gehaltene Vorgehensweise mit Vorübungen und dem Formulieren eines Klassen- aufsatzes (gemeinsame Aufsätze) wird ebenfalls nicht allen Kindern gerecht. Hier werden kreative Kinder ausgebremst und die schwächeren Schüler bleiben passiv. Beim kooperativen Lernen ist die Hürde der Heterogenität der Schülerschaft kein Problem, sondern die Chance bzw. der Garant für erfolgreiches Lernen. Und das sowohl für die schwa- chen wie auch für die starken Schüler (siehe Literaturhinweise: Johnson / Johnson /Holubec, Kooperatives Lernen – kooperative Schule, S. XI). Die Schreibversuche werden in der Regel zu zweit oder zu dritt unternommen, aber erst, nachdem jeder Schüler seine eigenen Ideen zum Thema vorbringen konnte und anschließend gemeinsam ein Schreibplan oder eine Schreibidee festgelegt wurde. Starke Kinder können sprachlich und inhaltlich unterstützen und erklären, schwache können und müssen ihre Ideen einbringen. Gemeinsam haben die Partner oder Gruppen ein Ziel: Wir wollen ein gutes Schreibprodukt unter der Vorgabe von bestimmten, vorher zentral erarbeiteten Kriterien (z. B. sprachlichen oder inhaltlichen) entstehen lassen und präsentieren. Wir wollen unseren Text den anderen vorstellen und wir wollen eine gute Rück- meldung erhalten. 4. Bewertung der Schreibergebnisse als Erfolgsgarant Die Bewertung der Schreibprodukte durch die Schüler wird nicht zur Nebensache oder zum Beiwerk, sondern zur Hauptsache. Die Klasse blickt nicht auf einzelne Personen, die gerade vortragen, sondern auf das Ergebnis, das vorliegt und dessen Aufgabenstellung sie ebenso – anhand eines anderen Themas – bearbeitet haben. Die Gruppen hören bei den Präsentationen genau zu. Sie können sich lobend oder kritisch äußern, weil sie mit einzelnen Punkten selbst zu kämpfen hatten oder sie besonders gut bewältigen konnten. Sie setzen ihre eigene Erfah- rung in Relation zum Gehörten. Verschiedene Teilleistungen werden von den Schülern differen- ziert beurteilt (z. B. mit einer Punktanzahl oder mit Smileys). Die Kriterien für die Bewertung wurden zuvor gemeinsam erarbeitet und in Mustertexten aufgesucht und sind dadurch allen geläufig. Beim kooperativen Lernen gehen die Gruppen in der Bewertungsphase motiviert mehrmals zu Werk, denn die Bewertungskriterien bleiben zwar dieselben, aber die (Präsentations)- Texte der anderen Gruppen sind inhaltlich immer neu. Sie hören zu, diskutieren über die Ergebnisse, füllen ernsthaft die Bewertungsbogen aus oder überlegen, welche Gruppe in einer Challenge einer anderen überlegen war und weshalb. Keiner will die Texte einer Gruppe verpassen, das Interesse bleibt stets gleich hoch. Die Argumente, die die Schüler dabei verbalisieren, sind frappierend, weil sie genau den erarbeiteten Unterrichtsinhalt wiedergeben. Durch die ständige Wiederholung der Bewertungskriterien prägen sich die entscheidenden Aspekte ein und die Schüler können dann bei Hausaufgaben oder Klassenarbeiten dieses Wissen abrufen und anwenden. So kann beispielsweise ein Kind mit sprachlichen Problemen plötzlich Fragen oder
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