3130 Wie stehst du dazu? Demokratisch denken und handeln

© Finken-Verlag · www.finken.de Wie stehst du dazu? 9 Konzept Eine nicht zu unterschätzende Rolle im Meinungsbildungsprozess nehmen auch die sozialen Medien ein. Da werden Bilder und Kommentare in Klassenchats gepostet, Internetfilme angeschaut und wichtige „Informationen“ entnommen, ohne diese kritisch zu prüfen. Demokratieerziehung ist daher eng verknüpft mit der Entwicklung von Medienkompetenz. „Es geht darum, sich von medialen Angeboten nicht über­ wältigen zu lassen, sondern eine eigenständige, möglichst rational begründete Position aufrecht zu erhalten.“ 2 Dazu benötigen die Kinder z. B. Genre- und Medien- wissen, um einschätzen zu können, ob in einem Text nur Sachinformationen oder auch die eigene Meinung der Sprecher*innen bzw. Autor*innen zu finden ist. Erst auf dieser Basis können sie in kritische Distanz zu den Inhalten treten und gezielt auswählen. Medienkompetenz meint nämlich auch, „aus der Vielzahl der vorhandenen Medienangebote das für eine bestimmte Bedürfnislage, Zielsetzung, Problemstellung etc. adäquate Angebot auszuwählen.“ 3 Dies gilt in besonderer Weise für den Prozess der Meinungsbildung. Konzept und Ziel Bei der Entwicklung des vorliegenden Ordners war es uns wichtig, den Prozess der Meinungsbildung als grundlegende Kompetenz in einer demokratischen Gesellschaft in den Fokus zu stellen und diesen mit medienpädagogischen Aspekten zu verknüp- fen. Kinder werden täglich mit den Meinungen anderer konfrontiert, sei es am Frühstückstisch, auf dem Schulhof, bei Diskussionen im Unterricht oder in den Medien – und sie beziehen auch selbst Position. Dabei reicht die Bandbreite der Themen von familieninternen Streitigkeiten wie etwa der angemessenen Schlafenszeit über schulische Angelegenheiten bis hin zu den großen gesellschaftlichen Themen, z. B. dem Klimawandel. Häufig bleibt der Meinungsbildungsprozess im Alltag allerdings – und das nicht nur bei Kindern – bei ersten spontanen, oft auch unreflektierten Äußerungen stehen. Man hört oder liest eine Position, die plausibel erscheint und übernimmt sie, man stimmt dem Freund oder der Freundin zu, weil es sich immer gut anfühlt, mit ihm oder ihr einer Meinung zu sein. Wenn unterschiedliche oder gar gegensätzliche Positionen aufeinanderprallen, geht es oft weniger darum, sich inhalt- lich mit den Argumenten auseinanderzusetzen als vielmehr darum, die eigene – vermeintlich richtige – Meinung durchzusetzen. Solchen Szenarien begegnet man nicht zuletzt in den Medien. In Talkrunden wird der Meinungsaustausch zum Schlag­ abtausch inszeniert, der auch in sprachlicher Hinsicht kein Vorbild für funktionierende demokratische Prozesse liefert. Im Sinne einer nachhaltigen Demokratieerziehung erscheint es uns grundlegend, Kindern zu vermitteln, dass Meinungsbildung nicht bei spontanen, eventuell emotional motivierten Äußerungen stehen bleiben darf, sondern es vielmehr wichtig ist, sich sorgfältig aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu informieren und verschiedene Argumente gegeneinander abzuwägen. Das vorliegende Material knüpft an dieser Stelle an. Ausgehend von konkreten Alltags- situationen erhalten die Kinder zunächst Gelegenheit, spontan Stellung zu einer These zu beziehen und ihre ersten Gedanken zu formulieren. Im Anschluss setzen sie sich vertiefend mit dem Thema auseinander, indem sie Texte bearbeiten, in denen unter- schiedliche Sichtweisen dargestellt werden. 2 Groeben, Norbert: Dimensionen der Medienkompetenz. Deskriptive und normative Aspekte. In: Groeben, Norbert/Hurrelmann, Bettina (Hrsg.): Medienkompetenz. Voraussetzungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim, München: Juventa 2002, S. 160–197. 3 ebenda, S. 175.

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