3113 Lesen differenziert ab Klasse 3/4
© Finken-Verlag · www.finken.de Lesen differenziert · Klasse 3/4 9 Fantastisches 5 10 15 20 25 30 Die Stadt der Nixen Tief, tief unten im Meer, am Fuße eines großen Korallenriffs, liegt die Stadt der Nixen. Es ist keine gewöhnliche Stadt aus Häusern oder Hütten, wie die Menschen sie bauen. Nein, sie besteht aus Schiffen. Aus all den Schiffen, die an dem großen Riff zerschellt und zum Meeresgrund hinabgesunken sind. In ihren Bäuchen wohnen die Nixen. Kein klitzekleiner Sonnenstrahl dringt in diese Tiefe. Oje, wirst du denken. Dann ist es da ja stockdunkel! Ist es nicht. Denn überall zwischen den morschen Schiffen huschen kleine und große Leuchtfische umher. Und durch sie schimmert das Meerwasser Tag und Nacht wie grünes Glas. Viele Nixenfamilien halten sich ein paar Leuchtfische als Haustiere, als Lampen sozusagen. Seit vielen hundert Jahren leben die Nixen in den versunkenen Schiffen. Früher sind sie oft zur Meeresoberfläche emporgetaucht. Aber jetzt herrscht da oben viel zu viel Betrieb und die Nixeneltern haben ihren Kindern verboten hinaufzuschwimmen. Schon die Kleinsten bekommen erzählt, was für furchtbare Dinge Fischernetze und Schiffsschrauben sind und wie Grauen erregend die Zweibeiner aussehen, die all diese Scheußlichkeiten erfinden. Ab und zu werden mit den größeren Kindern Schulausflüge nach oben gemacht, damit sie nicht denken, dass die Erwachsenen ihnen nur Gruselmärchen erzählen. Die ganz kleinen Nixenkinder allerdings – also, die glauben nicht so recht an all die gruseligen Geschichten von Zweibeinern und Netzen und Schrauben. Nichts als Angstmachgeschichten, denken sie, genau wie das Märchen von dem Großen Riesenkraken, der angeblich in einer Höhle wohnt und ab und zu kleine, freche Nixenkinder frisst. Einige von den ganz frechen kleinen Nixlingen verlassen sogar manchmal zum Spielen die Stadt. Sie mogeln sich an den Wachen vorbei, die rings um die Wrackstadt herum nach Haifischrudeln, Muränenbanden und anderen Gefahren Ausschau halten. Und dann treiben sie sich da herum, wo das Meer ganz dunkel und wild ist. Cornelia Funke
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